Beruf und Familie vereinbaren ist keine Frauensache

Michèle Czarnecki
14.5.2025

Warum wir Vereinbarkeit neu denken müssen

Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird noch immer viel zu oft als Thema für Frauen betrachtet. Dabei ist sie längst eine Aufgabe für alle: Mütter, Väter, Pflegende, Menschen in unterschiedlichen Lebensmodellen – und für Unternehmen, die Verantwortung übernehmen wollen.

Wenn Vereinbarkeit auf „Frauensache“ reduziert wird, schadet das allen: Es verstärkt alte Rollenmuster, verhindert echte Chancengleichheit und bremst Innovation in Unternehmen aus. Es ist Zeit, das Bild zu verändern – und Vereinbarkeit als das zu sehen, was sie ist: ein Thema für die gesamte Arbeitswelt.

Vereinbarkeit betrifft alle – ein Blick auf die Fakten

Wir sehen es jeden Tag in den Unternehmen: Väter wollen mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Die Zahlen bestätigen das. Über 40 % der Väter würden gerne Elternzeit nehmen oder ihre Arbeitszeit reduzieren. Doch was passiert? Viele scheuen den Schritt – aus Angst vor Karriereknick, Vorurteilen oder einfach, weil die Strukturen im Unternehmen ihnen keine echte Wahl lassen.

Und es geht nicht nur um Kinder. Pflege von Angehörigen ist längst ein Riesenthema. Männer in der Sandwich-Generation, die ihre Eltern oder Partner:innen pflegen, stehen oft vor denselben Hürden wie Frauen – nur redet kaum jemand drüber. Vereinbarkeit ist also nicht nur Familiensache. Sie ist Lebenssache. Und: Sie ist Teamsache.

Dazu kommen die vielfältigen Familienrealitäten. Patchwork, Regenbogenfamilien, Alleinerziehende – Vereinbarkeit lässt sich nicht in rosa-blau denken. Sie muss so divers sein wie wir selbst.

Das Klischee „Frauensache“ schadet allen

Wenn Vereinbarkeit als „Frauenthema“ abgestempelt wird, verlieren alle:

  • Frauen, weil sie immer noch in die Doppelrolle gedrängt werden. Care-Arbeit? Klar. Beruflich Gas geben? Aber bitte ohne auszubrennen. Willkommen im Mental-Load-Dschungel.
  • Männer, weil sie oft unterschwellig spüren: Care-Arbeit? Nicht dein Job. Und wer sich traut, Elternzeit oder Pflegezeit zu nehmen, wird schnell mal zum Exoten gestempelt.
  • Unternehmen, weil sie Chancen verschenken. Fachkräfte, die gerne bleiben würden, gehen. Potenziale bleiben ungenutzt. Innovationskraft? Verpufft, wenn starre Rollenbilder herrschen.

Mehr Loyalität durch Vereinbarkeit

Oft wird die „Wirtschaftlichkeitskeule“ geschwungen: Vereinbarkeit sei zu teuer, zu kompliziert, zu ineffizient. Wer so denkt, hat den wahren Wert noch nicht erkannt.

Fakt ist, dass Mitarbeitende, die Vereinbarkeit erleben dürfen, motivierter, loyaler und engagierter sind. Sie bleiben dem Unternehmen länger treu und bringen ihre volle Leistung ein. Das ist kein Kostenfaktor – das ist ein Wettbewerbsvorteil. Unternehmen, die Vereinbarkeit ernst nehmen, investieren in ihre Zukunftsfähigkeit.

So gelingt Vereinbarkeit im Unternehmen

Vereinbarkeit erfordert keine riesigen Budgets oder hochtrabenden Programme. Es beginnt mit kleinen, wirkungsvollen Maßnahmen:

  • Flexible Arbeitszeiten – damit der Job ins Leben passt, nicht umgekehrt.
  • Homeoffice oder Remote Work – weil Arbeitsort und Arbeitszeit entkoppelt sein dürfen.
  • Teilzeitmodelle und Workation – für Lebensphasen, in denen Flexibilität zählt.
  • Unterstützung bei der Kinderbetreuung – durch Zuschüsse oder Kooperationen mit Kitas.

Diese Angebote müssen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern aktiv gelebt und kommuniziert werden. Vereinbarkeit darf kein „Hidden Benefit“ sein.

Mehr dazu findest Du auf Michèle Czarneckis LinkedIn-Kanal und in der 04/2024 Ausgabe des IHK-Magazins für Düsseldorf und den Kreis Mettmann.

Im Gespräch auf Seite 11 - fünf Fragen an Vereinbarkeitsmanager:in Michèle Czarnecki

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